Heute habe ich den Vormittag im Süden des Dorfes an einem kleinen Seitenkanal zugebracht. Als ich dort ankam, sprangen hunderte Frösche ins Wasser und Dutzende Schildkröten ließen sich hineinplumpsen. Da war erst einmal nichts mit Fotos zu machen - oder nur wenig. Einige Schildkröten paarten sich gerade - und die hatten so schwer zu tragen, dass sie mich als Gefahr nicht gleich bemerkten. Um also beobachten zu können, setzte ich mich in die Mitte des Ufers, das etwa 1m tief abfiel. Die Frösche kamen als erste wieder - sogar ganz nah zu meinen Füßen. Sie stellten sich still und glotzten mich mit ihren großen Augen an. Dann kam immer mal eine Schildkröte aus der Tiefe heraufgeschwommen und inspizierte mich. Wenn ich mich bewegte oder mit der Kamera hantierte, tauchten sie wieder ab. Es hat bestimmt eine Stunde gedauert, ehe die Tiere mich nicht mehr als Gefahr wahrnahmen. Am gegenüberliegenden Ufer sah ich dann später auf einer Breite von 50 Metern zwischen 30 und mehr als 50 der Europäischen Sumpfschildkröten. Die Frösche waren nicht zu zählen - aber es waren mindestens 3 verschiedene Arten bräunlich gefleckte mit grünem Strich auf dem Rücken, die beim Quaken (war nicht so oft) große Blasen hatten. Daneben gab es ganz grüne und graugrüngraun gescheckte - wahrscheinlich verzauberte oder wiedergeborene Angler - die sehen auch alle so aus.
Am spannendsten in den mehr als drei Stunden Stillsitzens waren aber die Schlangen: Ringelnattern, Würfelnattern und noch ganz Schwarze. Mehr konnte ich nicht unterscheiden. Wenn die Frösche zu quaken begannen, dauerte es nicht lange und ich konnte eine große Schlange durchs Wasser schwimmen sehen. Öfter jedoch bemerkte ich sie, wenn die Frösche zuhauf vom Ufer ins Wasser oder vom Wasser an Land sprangen. Es waren mindestens auch 50 Schlangen, die ich in der Zeit gesehen hatte, manche vielleicht mehrfach. Aber 20 verschiedene waren es bestimmt. Kleinere und größere Würfelnattern von vielleicht 1,5m Länge, Ringelnattern verschiedener Größen ... Oft ließen sie sich am gegenüberliegenden Ufer ins Wasser gleiten und waren dann in Sekundenschnelle nahe bei meinen Füßen. Ungefährlich. Manchmal glitten sie über die Panzer der Schildkröten hinweg, manchmal waren die Schildkröten mit den Fröschen ins Wasser geflohen, wenn die Panik besonders groß war. Manchmal glitt eine Schlange ganz nah an einem der fetten Frösche vorbei. Und einmal war eine Würfelnatter nah bei meinen Schuhen und ganz nah an einem Frosch - als ich das fotografierte, bemerkte ich eine zweite kleinere 10cm neben meinem Oberschenkel im Gras - die einzige, die sich so nah an mich herangetraut hatte.
Das alles war so faszinierend, dass ich das am Nachmittag gern weiterbeobachtet hätte. Ich hatte dann aber von den Headhuntern eine SMS wegen eines Jobangebotes und eines telefonischen Interviews heute Nachmittag erhalten. Daher fuhr ich zurück zur Базе, ass Mittag und verbrachte den Nachmittag mit meinem Wörterbuch und einem 15min-Schlaf, schnitzte mir aus Holz Ersatz für meinen abgebrochenen Rückspiegelarm und fuhr dann 17 Uhr, als doch keiner angerufen hatte noch einmal nach Damtschik. Ich sah einen Fasan mit zwei Hennen und an den Wegen mehrere sehr kleine Schlangen, die wohl erst vor kurzem geschlüpft waren.
Im Osten brannten wieder einmal Schilffeuer, deren Rauch hoch in den Himmel stieg und Wolken bildete. In Damtschik selbst war alles ruhig: nichts mit Museum - auch keine Boote und nur ein paar Menschen im Dorf. Da es schon 18 Uhr war, fuhr ich zurück und hebe mir das für später auf, wenn ich vielleicht mal während der Lotosblüte hierher zurückkomme.
Habe mich ganz gut an das Faulenzen hier gewöhnt...Wenn ich morgen noch einmal in die Hügel-Seen-Region südwestlich von Astrachan fahre, dann komme ich auf 4000km, wenn ich Russland verlasse - fast 20% mehr als geplant. In Kasachstan sind 100km zurückzulegen - da ich aber sooo viel Zeit dort habe, werde ich wohl noch nach Aktau ans östliche Kaspische Meer radeln und so etwa 1000 Extrakilometer zurücklegen. Damit komme ich insgesamt auf weit mehr als 7000km...