Tag 31 Astrachan 19.4.12 108km (3677km)

Ich habe es doch geschafft: 31 Tage bis ans Kaspische Meer - genaugenommen nach Astrachan am nördlichen Ende des Wolgadeltas. Ich hätte ebensogut am "Meer" sein können (wo es kein Hotel und keine Geldautomaten gibt). 28 Tage Fahrzeit mit 118 Kilometern am Tag oder sogar 131 Kilometern, wenn ich die drei Ruhetage mitzähle. Aber weg von den Zahlen zu den Erlebnissen:
Nach Chumchul (?) hätte nach meiner Karte gestern Solenoje kommen sollen. Da wäre ich gestern Abend noch lange vergebens gefahren - ich hatte den Ort auch heute früh nicht gefunden und mußte erst dreißig oder vierzig Kilometer fahren, ehe es wieder Lebensmittel gab - und das heute gegen den Wind. Es lief zäh und war anstrengend.

- Gestern konnte ich anfangs schlecht einschlafen im Zelt. Die Knie schmerzten und die Isoliermatte war nicht das, was meine müden Glieder gestern brauchten. Der Schlafsack war zu warm - und ohne war's wieder ein wenig zu kühl. Aber: ich bin abrupt im Sommer angekommen. Den ganzen Tag fuhr ich im Shirt. Ich sah mehrere Echsen, die wie Chamäleons davonflitzten - nicht wie Eidechsen. Ich rettete eine Schildkröte von der Straße, die da in ihrem Panzer ruhte, wo die Laster langdonnerten. Ich sah wieder Schilfbrände, einen ersten weißen Salzsee, dann weitere Seen mit vielen Wasservögeln, an denen Rinder im Wasser standen, ich sah Schmetterlinge (Schwalbenschwanz) und erreichte Astrachan etwa gegen fünf Uhr nachmittags. Ich fuhr dabei erst ostwärts nach Murmanskiy und dann nordwärts an vielen schönen alten Holzhäusern vorbei. Ich folgte der Ausschilderung bis zum Zentrum über die Wolga und einen weiteren Seitenarm, an dem es eine schöne Promenade gibt. Auf der Leninstraße neben dem Kreml bog ich in eine Seitenstraße ein und fand ein angenehmes kleines Hotel für je 1500 Rubel für drei Nächte (Gostinitza Zentr). Danach will ich mir das Wolgadelta ansehen - mit dem Rad. Auch wenn die nette Rezeptionistin gesagt hat, es wäre noch alles überschwemmt und Exkursionen noch nicht möglich.





Mir war heute die Straße von Lineynoye durch Murmanskiy mit den Holzhäusern so sympathisch. - Hier ist der Kreml wunderschön - ich war die Leninstraße entlanggelaufen, dann um den ganzen Kreml herum und freute mich, dass der Kreml noch offen war. Ich freute mich vor allem auch über die Mauersegler, die mir den Sommer bedeuten. Es ist abends um acht und ich sitze immer noch im T-Shirt draußen. Nur gestern Nacht im Zelt - vielleicht eine Stunde vor Mitternacht - zog ein warmer, sehr feuchter Wind durch das Zelt - alles war im Nu klamm - im Schlafsack blieb es aber angenehm - ich habe heute nur nicht alles trocken bekommen, als ich zwischen den Blumen zusammenpackte und 7.15 Uhr losfuhr. Mein Frühstück war wegen des Windes und fehlender Ortschaften also erst um zehn Uhr - in einem schäbigen Bauwagen (Wildwestromantik im Osten) gab es Gulasch mit Reis, drei Liter Wasser und anderthalb Liter Cola und Kaffee. Gegen ein Uhr gab es dann in Lineynoye noch einmal Kaffee und Süßkram.