Tag 22 10.4.12 Mariupol 126km (2622km)


Das Schwarze Meer war schon eine Enttäuschung - aber auch eine Überraschung. Als ich heute erst gegen 8.30 Uhr Berdjansk verließ, fand ich anfangs schnell die ruhigen Straßen, ca. 5km vom Meer entfernt. Später sah ich das Meer öfter auf der schönen, gut zu fahrenden Strecke und wunderte mich öfter über das viele "Salz". Als ich später das trostlose Jalta erreichte, das bessere Zeiten erlebt haben muss, verstand ich auf einmal, warum es abends in Berdjansk so sehr kalt wurde an der Strandpromenade. Es war nicht Salz - sondern Eis. Die ganze langgestreckte Bucht hinter einer Landzunge war voller Treibeis, angeschwemmt von den Winden aus Südwest. Und ich hatte hier mediterranes Klima erwartet, Sonne, Wärme! Statt dessen dominieren immer noch erdig strohige Farben die Landschaft. Die ersten Knospen zeigen Grün und die Tulpen und Kaiserkronen beginnen sich aus der sorgfältig gehäckelten Erde der Vorgärten zu schieben. Wahrscheinlich ist der Frühling zu Hause schon weiter als hier. Ich werde wohl wenig Grün zu sehen bekommen, bis ich nach Hause komme - es sei denn, ich erlebe davon noch etwas in den kommenden zwei Wochen in Russland.
Mariupol ist noch hässlicher als Berdjansk. Dort gab es die Strandpromenade, an der am Abend der Güterzug zum Hafen entlangzuckelte. Da war etwas Urlaubsstimmung - aber am Abend auch eine Prügelei vor dem Café, in dem ich abends noch ein Bier trank und zwei Tüten Chips aß - nachdem ich im Internet war. Hier ist Industrie am Strand. Aber es gibt auch einen belebten Leninprospekt mit Restaurants, Cafés und vielen Geschäften., einen runden Platz in der Mitte, auf dem ein großes Theater steht. Das haben hier viele Städte - und wenn da Vorführung ist, ist der Vorplatz brechend voll - selbst bei einem Kammerkonzert war das so - in einer der Städte vorher. Da sind die Ukrainer uns etwas voraus - oder der Tradition und Kultur sogar mehr verbunden.
Ich wohne im Hotel Spartak - gut in Schuss - für 305 Hrywen mit Frühstück. - Auf der Suche nach dem Hotel bin ich mehrere Runden durch die Stadt gefahren. Auf dem Weg zum Bahnhof fand ich zwei andere, deren Lage mir überhaupt nicht gefiel. Zu weit weg vom Zentrum - aber näher am hässlichen Meer.
Jetzt sitze ich in einer Fast-Food-Pizzeria einer Selbstbedienungskette. In so einer Kneipe war ich schon einmal. Heute gab es Soljanka und wieder einen Eierkuchen mit Hühnchen, Käse und Zwiebel - dazu Meerrettich. Lecker - aber nicht so wie beim letzten Mal.



Schön ist, dass es abends immer noch lange hell ist, wenn ich ankomme. So bleiben mir immer einige Stunden Zeit, die Gegend zu erkunden.