Tag 17 5.4.12 Krementschug 122km (2006km)

Über 122km bin ich heute gefahren und habe die 2000km geknackt.
Ich will weder Swidlovodsk noch Krementschug wirklich sehen - an diesem Gründonnerstag. Andererseits ist es erst 17 Uhr und noch zwei bis drei Stunden hell. 8.15Uhr bin ich heute früh aus dem Russenhotel gekommen. Der Frühstücksraum war ein riesiger Saal mit dicken ornamentalen Fliesen aus den 70er Jahren, die pink und hellblau übermalt waren. Das Frühstück stand schon fertig eingedeckt auf den Tischen. Schwarz- und Weißbrot und für jeden ein fertiger Teller mit zwei kleinen Scheiben Wurst und zwei Ecken Schnittkäse. Dazu ein Tellerchen mit Krautsalat mit Wurststreifen. Aber das war okay so. Ich war dann überrascht, zum Kaffee auch noch einen Teller mit Kartoffelbrei und unappetitlich aussehendem, braunem Rührei zu bekommen.


Die ersten 60km waren recht öde - nur Felder und keine Bäume am Straßenrand. Statt dessen viele Leute, die kollektiv den Straßengraben und Feldrain beräumten und abfackelten. Eine Art Subbotnik - das sah ich gestern schon in Krementschug, als alle Schwestern des nahe gelegenen Krankenhauses in ihrer Dienstkleidung (!) und mit übergeworfener Jacke den Straßengraben und Park vor dem Hospital säuberten.
Das einprägsamste heute war der Dorfkonsum, wo Vater und Tochter (nehme ich an) bedienten - und den guten alten Abakus dem danebenliegenden Tischrechner vorzogen. Für 17 Griwen bekam ich einen Liter Apfelsaft, zwei abgewogene Hörnchen, drei kleine mohngefüllte Teigrollen und eine  hühnereigroße, gefüllte obersuperleckere Waffel. Schade, dass ich davon nur eine hatte.
Bis zur Mitte der Strecke war es heute nur halbwegs hügelig, dann wurde der Asphalt grobkörnig, splittig, schlecht und ab Chyhyryn ging es lange bergauf und bergab, steil auf ziemlich schlechten - aber immer noch asphaltierten oder betonierten Straßen. Ich habe noch ein paarmal den breiten Dnepr gesehen, dann war endlich wieder Wald mit ganz vielen Buchfinken. Bei Velka Andrusovika saßen vier alte Weiber am Straßenrand und verkauften in einfachen Unterständen Fisch - schade, dass ich mich da nie wage zu fotografieren/zu fragen. Aber mein Gefühl sagt mir, dass sie nein sagen würden. Sie würden nicht verstehen, dass ich es in gewisser Weise schön finde. Ich hänge halt am Alten und an Traditionen.
Im Rückblick auf die letzten paar Tage finde ich, dass die Ukraine sehr viel Ähnlichkeit mit Ungarn hatte: die Mädels allesamt in high heels - sexy, reich und arm beieinander - und alles sah lange nicht mehr so ärmlich aus, wie es mir während der ersten drei Tage nach Kiew erschienen war.

Ich bin hier also heute Abend in das Café/Bar/Motel hereingefallen, ziemlich abgekämpft von den Hügeln. Das Zimmer für 225 Griwen war noch nicht fertig - ich überbrückte das Warten mit einem großen Bier. Das Hotel liegt genau da, wo ich es mir gewünscht habe, damit meine Strecke am Karfreitag nicht länger als 120km wird - auf dem Weg nach Dniprdzezynsk. (Transkription ist tatsächlich schwierig - jeder schreibt es anders.)