Route durch Kasachstan



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In Gelb die "Ehrenrunde" oder "Strafrunde" durch Kasachstan, da ich mich wegen des blöd geplanten Visums hier einen Monat lang aufhalten muss. Ich darf erst am 1.6. nach Usbekistan einreisen, da ich nie im Leben gedacht hätte, so schnell sein zu können. Ohne die Limitierungen durch die Visa hätte ich jetzt schon in Usbekistan sein können. Aber am Ende gut so, da ich ja Astrachan und das Delta so ausgiebig kennen und lieben lernen kann. Am 2.5. kann ich nach Kasachstan ausreisen, um meine 30 Tage Visum dort nicht zu überschreiten. 

Tag 41 29.4.12 Astrachan

Schade, ich hatte mich so auf einen "Kulturmarathon" gefreut: eigentlich sollte es heute zwei Ballettaufführungen im Theater geben (Ballett aus Moskau). Leider ist dies ausgefallen. Aber ich war ja wenigstens gestern schon in "La Traviata". Das parkhausähnliche Musiktheater, das äußerlich total heruntergekommen ist, ist innen noch ganz passabel, wenn man von grauenhaften Toiletten absieht, die jedes Bahnhofsklo in Deutschland um Welten unterbieten. Das Orchester war gut, die Interpreten - besonders die Rolle der Violetta war sehr gut gesungen (soweit ich das mit meinem musikalischen Laienverstand bewerten kann). Die Männerrollen klangen alle ein bisschen wie durch die Nase gesungen - vielleicht, weil die Russen das Italienisch nur so hinbekommen, wie manche Deutsche denken, dass man eine Kartoffel im Mund braucht um Englisch zu sprechen.
Es gab einen sehr großen Chor und auch am Ballett wurde nicht gespart. Mir hat die Aufführung sehr gut gefallen, die schon 18 Uhr begonnen hatte. Im Publikum saßen (fast) nur alte Weiber, die Männer und jungen Leute könnte man problemlos abzählen. Das Parkett war nicht einmal halb voll, der Rang blieb ganz leer. Die Pausen reichten für eine Zigarette oder einen Toilettenbesuch - oder lieber keines von beiden. Eine Bar gibt es auch nicht - so ein schnelles Sturzbier könnte man auch nicht vertragen. Der Preis von nur 90 Rubel auf der ersten Reihe in der Mitte ist lächerlich gering. Kein Wunder, wenn da keine Kopeke für die Sanierung da ist.

Vor dem Theater ist eine kleine Gruppe von biergartenähnlichen Kneipen, wo ich vorher noch ein Bier getrunken hatte und einen Eierkuchen mit Fleischfüllung zu mir nahm.














Danach war ich wieder in einer meiner beiden "Stammkneipen" am Kutum-Kanal, wo man so schön draußen am Wasser sitzen kann. Der Weg zu meinem Hotel war dann hinter dem Hotel Центр furchtbar dunkel, besonders nach der Brücke über den Kanal 1. Mai, wo das tartarische Viertel beginnt. Da begann mein heutiger Tag nach einem ordentlichen Frühstück im Hotel. Ich sah mir eine der Moscheen an und wurde gleich eingeladen, sie mir von innen anzusehen. Mit dem Schuhe ausziehen hat man es hier nicht ganz so wie in anderen Moscheen. Der tartarische Herr nahm mich noch mit zur Moschee um die Ecke - gleich neben meinem Hotel, wo es auch eine religiöse Schule gibt. Die meisten Moscheen hier sind sunnitisch - eine ist wohl nur schiitisch. Ich hatte mich wieder einmal als Ungläubiger geoutet, was ich mir künftig abgewöhnen sollte, da dies "sehr schlecht" ist. Ich sollte mich lieber zum evangelischen Glauben bekennen, um Diskussionen aus dem Weg zu gehen. (Auch die Deutschen haben eine eigene Kirche in Astrachan). Es gibt 86 Moscheen im Astrachaner Gebiet - eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass während der CCCP-Zeiten auch hier Religion sehr klein geschrieben wurde.

Von dort lief ich geradewegs zum Kreml und nahm wieder am Gottesdienst teil, um mein Seelenheil zu retten - aber eher, um der tollen Musik zu lauschen und die Atmosphäre zu genießen. Heute war ein besonders stark besetzter gemischter Chor rechts in der Kirche neben den engelhaften hohen Stimmen von links. Ich hab gestaunt über die gewaltigen Stimmen heute. Am Ende kein Wunder: Violetta aus dem Opernhaus sang im Chor mit - also ganz gewiss kein Laienchor. Hab mich dann wieder (in der Kirche heute) mit Weihwasser berieseln lassen und war dann (umsonst) zum musikalischen Theater gelaufen, dann wieder zurück zum Kreml, wo ich noch eine Weile saß und den Hochzeitsgesellschaften zusah. Danach bin ich ins naturkundliche Museum gegangen, um mir einen Überblick über die Fauna und Flora im Delta zu verschaffen. Aber erstens war fast alles nur Russisch beschriftet (ganz selten auch Latein) und ich hatte nichts zum Schreiben mit. Ich fand die Ausstellung nicht so toll. Es gab einige präparierte Vögel, wobei die Präparate nicht ganz so toll erhalten waren und die Reptilien ganz aus irgendeiner Masse schlecht modelliert waren. Die Präsentation auf dem PC ließ sich nicht interaktiv steuern und man musste die ganzen Organigramme der politischen und wissenschaftlichen Expertengruppen und ihrer Chefs über sich ergehen lassen, ehe man ein paar Bilder von Pflanzen und Tieren sah. Die Ausstellung über die Fische im Delta - naja: ein paar Riesenexemplare von Belugas, die so etwa 6m lang waren und ziemliche Monster sind. Dazu die kleineren Fische, die man an der Angel haben kann, ein paar Fotos von Putin beim Aussetzen von gezüchteten Stören ... Die Ausstellungen kosteten jeweils 80 Rubel, waren aber auch nicht mehr wert.

Gegen 3 Uhr bin ich erstmal für zwei Stunden zurück zum Hotel, um bisschen abzuschalten.Im TV gab es "Pavarotti and Friends" von 1999 - war auch sehr beeindruckend - zum Trost für die ausgefallenen Vorstellungen heute. Ich habe dann ein Internetcafé im Hotel erfragt und es dann 1km südwestlich in der Богдана Хмелниково 16 gefunden. Da sitze ich jetzt an meinem Blog und werde morgen noch einmal mit meinem Tagebuch herkommen, um die letzten Tage nachzutragen.






Tag 40 28.4.12 Wieder in Astrachan 65km (4016km)






Heute bin ich aus der Hügel-Seen-Region südwestlich Astrachans wieder in der Stadt zurück. Ich habe nicht besonders gut im Zelt geschlafen - hart und unbequem, aber warm und mild in der Nacht. Leider habe ich nicht ganz so viel gesehen auf dem erneuten Abstecher in diese Region. Ein paar Silberreiher aus der Ferne, noch einige Purpurreiher (denke ich), Saatkrähen, die im Wasser nach Nahrung suchten (!), andere Stelzenvögel und farbenfrohe Enten. Da muss ich nachschlagen, um herauszufinden, was das für welche waren. Dann sah ich noch ein paar amselgroße Vögel, die braun waren, der Schwanz vorn weiß und hinten schwarz und über die Augen nach hinten ein dunkler Strich wie bei Bienenfressern. Das war's dann auch schon. Schlangen natürlich noch, Nester von Beutelmeisen ...
Gegen 13/14 Uhr war ich zurück in Astrachan - leider war mein Hotel ausgebucht, trotz Buchung. Die nette dicke Rezeptionistin entschuldigte sich und vermittelte mich an das Hotel Wolga-Wolga, das 200m südlicher liegt. Gleicher Preis und Frühstück ist auch inklusive. Habe meine Wäsche gleich gewaschen, und mir für meine letzten Rubel ein Eis gekauft. Jetzt bin ich in einem teuren Internetshop und lade meine Bilder hoch. Den Rest kann ich später irgendwo machen. Leider hat mein Hotel jetzt keinen Rechner...

Tag 39 Osernoje im Hügel-Seen-Gebiet 130km (3947km)

In der Hügel-Seen-Region westlich des Deltas.
Gestern Abend hatte ich noch ein Abschiedsbier an der Bar getrunken. Natascha erzählte mir, das sie erst 17 Jahre alt ist. Und sie hat in der ganzen Saison bis in den Spätherbst KEINEN einzigen freien Tag. Ihr Tag beginnt vor 6.30 Uhr mit dem Bedienen beim Frühstück und endet 21.30 Uhr, wenn der letzte Gast vom Abendbrot oder der Bar verschwunden ist. Zwischendurch hat sie zweimal 1-2 Stunden frei. Aber sie brauche das Geld ...
Heute nach dem Frühstück habe ich  mich noch von den Damen in der Küche verabschiedet, musste noch 100 Rubel für das Benzin der Boote bezahlen ... und hatte vergessen zu fragen, wo die Sauna ist und was so ein ganzer Bungalow in der Saison für 4 Leute kostet.
Gegen 8 Uhr bin ich losgefahren - wieder auf den furchtbar schlechten Straßen bis hinter die 2 Fähren, danach wurden die Straßen wieder besser. Auf den Fähren hatte ich noch einmal kurze nette Gespräche mit den anderen Fahrgästen - gekostet haben die Fähren nichts.






Da es weder Fähren noch Brücken nach Westen gab, musste ich bis nach Astrachan gegen den Wind zurückfahren und dann auf der anderen Seite der Wolga nach Südwesten in die Hügel-Seen-Region nach Osernoje.
Gegen 14 Uhr war ich in eine Bar an der Straße mit Garten eingekehrt, um einen griechischen  Salat und 1l Kirschsaft zu mir zu nehmen. Dazu gab es Brot und gratis weißen Kaviar von der freundlichen Hausherrin mit goldenen Schneidezähnen. Mein übriger Reiseproviant besteht aus den Resten der Bootstouren: Tomaten, Gurken, Schmelzkäse und Brot und noch dazugekauften Keksen.
An den ersten Seen waren mir noch zu viele Angler - obwohl dort viele Vögel waren, fuhr ich weiter. Jetzt sitze ich 100m vom Schilf entfernt hinter einer Baumgruppe im Licht der Abendsonne bei einer Flasche Bier (1,5l!). Vor mir sehe ich zwei Nester von Beutelmeisen, in denen noch kein Leben eingezogen ist. Am Himmel stritt wieder ein Adler mit einer Krähe und hinter mir brennen wieder Schilffeuer.

Tag 38 Poldnjewnoje 26.4.12 35km (3817km)


Heute habe ich den Vormittag im Süden des Dorfes an einem kleinen Seitenkanal zugebracht. Als ich dort ankam, sprangen hunderte Frösche ins Wasser und Dutzende Schildkröten ließen sich hineinplumpsen. Da war erst einmal nichts mit Fotos zu machen - oder nur wenig. Einige Schildkröten paarten sich gerade - und die hatten so schwer zu tragen, dass sie mich als Gefahr nicht gleich bemerkten. Um also beobachten zu können, setzte ich mich in die Mitte des Ufers, das etwa 1m tief abfiel. Die Frösche kamen als erste wieder - sogar ganz nah zu meinen Füßen. Sie stellten sich still und glotzten mich mit ihren großen Augen an. Dann kam immer mal eine Schildkröte aus der Tiefe heraufgeschwommen und inspizierte mich. Wenn ich mich bewegte oder mit der Kamera hantierte, tauchten sie wieder ab. Es hat bestimmt eine Stunde gedauert, ehe die Tiere mich nicht mehr als Gefahr wahrnahmen. Am gegenüberliegenden Ufer sah ich dann später auf einer Breite von 50 Metern zwischen 30 und mehr als 50 der Europäischen Sumpfschildkröten. Die Frösche waren nicht zu zählen - aber es waren mindestens 3 verschiedene Arten bräunlich gefleckte mit grünem Strich auf dem Rücken, die beim Quaken (war nicht so oft) große Blasen hatten. Daneben gab es ganz grüne und graugrüngraun gescheckte - wahrscheinlich verzauberte oder wiedergeborene Angler - die sehen auch alle so aus.



 
Am spannendsten in den mehr als drei Stunden Stillsitzens waren aber die Schlangen: Ringelnattern, Würfelnattern und noch ganz Schwarze. Mehr konnte ich nicht unterscheiden. Wenn die Frösche zu quaken begannen, dauerte es nicht lange und ich konnte eine große Schlange durchs Wasser schwimmen sehen. Öfter jedoch bemerkte ich sie, wenn die Frösche zuhauf vom Ufer ins Wasser oder vom Wasser an Land sprangen. Es waren mindestens auch 50 Schlangen, die ich in der Zeit gesehen hatte, manche vielleicht mehrfach. Aber 20 verschiedene waren es bestimmt. Kleinere und größere Würfelnattern von vielleicht 1,5m Länge, Ringelnattern verschiedener Größen ... Oft ließen sie sich am gegenüberliegenden Ufer ins Wasser gleiten und waren dann in Sekundenschnelle nahe bei meinen Füßen. Ungefährlich. Manchmal glitten sie über die Panzer der Schildkröten hinweg, manchmal waren die Schildkröten mit den Fröschen ins Wasser geflohen, wenn die Panik besonders groß war. Manchmal glitt eine Schlange ganz nah an einem der fetten Frösche vorbei. Und einmal war eine Würfelnatter nah bei meinen Schuhen und ganz nah an einem Frosch - als ich das fotografierte, bemerkte ich eine zweite kleinere 10cm neben meinem Oberschenkel im Gras - die einzige, die sich so nah an mich herangetraut hatte.
Das alles war so faszinierend, dass ich das am Nachmittag gern weiterbeobachtet hätte. Ich hatte dann aber von den Headhuntern eine SMS wegen eines Jobangebotes und eines telefonischen Interviews heute Nachmittag erhalten. Daher fuhr ich zurück zur Базе, ass Mittag und verbrachte den Nachmittag mit meinem Wörterbuch und einem 15min-Schlaf, schnitzte mir aus Holz Ersatz für meinen abgebrochenen Rückspiegelarm und fuhr dann 17 Uhr, als doch keiner angerufen hatte noch einmal nach Damtschik. Ich sah einen Fasan mit zwei Hennen und an den Wegen mehrere sehr kleine Schlangen, die wohl erst vor kurzem geschlüpft waren.
Im Osten brannten wieder einmal Schilffeuer, deren Rauch hoch in den Himmel stieg und Wolken bildete. In Damtschik selbst war alles ruhig: nichts mit Museum - auch keine Boote und nur ein paar Menschen im Dorf. Da es schon 18 Uhr war, fuhr ich zurück und hebe mir das für später auf, wenn ich vielleicht mal während der Lotosblüte hierher zurückkomme.
Habe mich ganz gut an das Faulenzen hier gewöhnt...Wenn ich morgen noch einmal in die Hügel-Seen-Region südwestlich von Astrachan fahre, dann komme ich auf 4000km, wenn ich Russland verlasse - fast 20% mehr als geplant. In Kasachstan sind 100km zurückzulegen - da ich aber sooo viel Zeit dort habe, werde ich wohl noch nach Aktau ans östliche Kaspische Meer radeln und so etwa 1000 Extrakilometer zurücklegen. Damit komme ich insgesamt auf weit mehr als 7000km...

Tag 37 Poldnjewoje


Die heutige Bootstour mit Nataschas Freund, der 22 Jahre alt ist, ging wieder aufs Meer hinaus - oder besser: an den Beginn des Avandeltas und die Grenze des Schutzgebietes, wo man in der Ferne Unmengen von Schwänen sehen konnte. Auch so habe ich heute mehrere Vögel sehen können. Sascha hatte sich Mühe gegeben, mir bisschen was zu zeigen und zu erzählen. Aber dafür ist mein Russisch doch zu schlecht. Ich verstehe nur Bruchteile von dem, was man mir erzählt oder mich fragt, wenn es nicht um Essen, Trinken, Hotel, Reise oder Familie geht.




Wir sahen 6 Seeadler hoch oben am Himmel in einer Gruppe kreisen, einige Graureiher. Wir waren weiter rausgefahren als vorgestern und hatten dann eine längere Angelpause eingelegt. Ich hatte ein halbes Dutzend Rotfedern geangelt und drei Fische, wie man sie auf dem Foto sehen kann - ich denke Barsche. Wir haben alle wieder freigelassen. Eigentlich schon gemein, dieses unfreiwillige Piercing. Einen Hecht hätten wir behalten für ihn und seine Familie - da hatte ich aber kein Glück mit. Wir waren auf dem Rückweg durch eine Menge kleiner Kanäle und Flussarme zurückgefahren, die voller Seerosen standen, aber noch keine Blüten hatten. Dort gab es auch eine Menge Stellnetze oder Reusen, in denen sich jede Menge Schildkröten verfangen hatten. Am Schluss zeigte er mir noch Enten in seinem Grundstück, wo er mit seiner Großmutter und seinem jüngeren Bruder lebt. - Gegen 14 Uhr waren wir dann zurück. Auch gut so, da die Sonne intensiv brannte - mehr als vorgestern. Schon gestern Abend war es draußen vor der Hütte nicht mehr ganz so kalt. Den Nachmittag werde ich hier verbummeln und wieder den Schlangen zusehen ...


Tag 36 Poldnjewoje 35km (3780km)

Heute bin ich mit dem Rad in Damtschik gewesen. Keine Motorboote gab es dort - dann auch keine Wege mehr. Sehr friedlich, sehr ruhig. In der ökologischen Station war nichts los, das kleine Museum war erwartungsgemäß geschlossen und auch gar nicht ausgeschildert.
Ich war dann mittags zurück, hab am Bootsanleger gesessen, wieder den Schlangen bei der Jagd zugesehen (dort findet man tagsüber immer mindestens fünf bis sechs auf einen Blick), im Wörterbuch geblättert und am Nachmittag Natascha, der Steppenmaus aus dem Restaurant, meine Fotos gezeigt - und bisschen Russisch geübt.


Es gab lecker Abendbrot und dann Wodka, bevor ich hier bei der Administratorin an den Rechner durfte. Nett. WiFi gibt es auch hier. Warum hab ich nur mein blödes uraltes Nokia mitgenommen?! Der Vorteil bleibt: es hält tagelang ohne es zu laden. Aber jeder Russe hat ein Smartphone, drunter geht nix... Und WiFi gibt es überall. Das war eher nur in Polen selten.

Tag 35 Poldnjewoje 23.4.12 Pause








In der Ferienhaussiedlung ist es kaum anders, als in deutschen Ferienhaussiedlungen - außer dass die Bungalows hier keine Küche haben. Wasser gibt es nur im Bad (und in der Wolga). Es wird jetzt noch sehr sehr kühl hier am Abend - die paar Kilometer vom Meer reichen, dass das kalte Wasser die Luft so deutlich abkühlt - bzw. in Astrachan Stein und Beton für diese milden Sommerabende sorgt. (Auch das Kaspische "Meer" friert jeden Winter bis weit in den März hinein zu.) Es ist gut, das Vlies noch zu haben. Heute morgen nach dem Frühstück fuhren wir gegen 8.30 Uhr los zum offenen Meer. Man hatte mir zwar eine Angel mitgegeben - aber wir waren dann nicht erst abends zurück, sondern schon am Mittag gegen 12 Uhr. Ich hätte also auf das Lunchpaket verzichten können und hier essen können (Mittag und Abend immer 3 Gänge Menü und dazu Kekse oder auch Obst!). Wir fuhren nach Süden durch das Dorf, dann nach links in einen kleinen unscheinbaren Kanal. Dort wimmelte es am Ufer auf dem flachliegenden Schilf nur so von Schildkröten. Sie sonnten sich oder ließen sich bei unserem Annähern ins Wasser plumpsen. Am Himmel kämpfte ein Seeadler mit einem kleineren Vogel - wahrscheinlich einer Krähe oder so was - sie umflogen sich immer wieder und einer jagte den anderen. Seeadler sah ich 2 oder 3, ein paar Schwäne, ein paar Gänse und zwei Nester von Beutelmeisen, die an den Zweigen herunterhängen. Das war's dann auch schon. Wenn der Motor aus war, hörte man die Frösche im Schilf. Dort, wo das Delta ins Meer übergeht, waren viele Kampfangler mit ihren Booten - wie eine Armee wilder Fischfresser. Einer hatte gerade einen großen Fisch von vielleicht 70cm Länge in sein Boot gehievt. - Es war sonnig auf der Fahrt, aber kühl. Und es war gut, dass ich sowohl mein einziges langärmeliges Trikot und das Vlies an hatte. Trotz dem und Schirmmütze habe ich einen ganz schönen Sonnenbrand - oder "Farbe" bekommen. Weh tut noch nichts.
Trotz des kühlen Abends fliegen ein paar Mücken. Ich habe eine der Moskitocoils angezündet - werde wegen der kühlen Luft aber sicher nicht mehr lange draußen aushalten. Im aus dicken Rundbohlen gebauten Blockhaus ist es angenehm warm - und es gibt eine Klimaanlage für heiße Sommertage.



Bis 15 Uhr war ich nach der Rückkehr hier herumgebummelt - am Bootshaus sah ich den Schlangen zu, wie sie unter Wasser kleine Fische fingen (es gibt sooooooooo viele Schlangen hier - unglaublich). Dann ein kurzer Mittagsschlaf (schließlich hab ich so was wie Urlaub). Danach bummelte ich am Fluss entlang nordwärts, sah nichts besonderes. Aber es war schön, an dem weidenbestandenen Ufer entlangzulaufen. Morgen werde ich nach Damtschik radeln.

Tag 34 22.4.12 Poldnjewoje im Wolgadelta 68km (3745km)









Bei schönem Wetter nach gutem Frühstück habe ich das Hotel "Centr" in Astrachan verlassen, nicht ohne für die Zeit ab 27./28.4. bis 1.5. zu reservieren. Je weiter ich heute ins Delta vordrang, umso schlimmer wurden die Straßen. Irgendwann war es auf einmal ganz flach und eintönig. Dann kam die Fähre in Trevin, wo ich eine Coca Cola in der Wolga versenkte, als ich die Fähre verließ. Die Fahrt kostete nichts - auch nicht an der zweiten Fähre hier in Poldnjewoje. Allerdings war das letzte Stück Straße vorher kaum befahrbar: runde Kiesel, die locker auf den Dreck geschüttet worden waren. Auf der zweiten Fähre dann war entweder von Victor schon Bescheid gesagt worden oder die vier Kinder/Jugendlichen brachten mich nur aus Neugier und Freundlichkeit hier in die "Base".  Victor, dem Anna aus Astrachan Bescheid gegeben hatte, empfing mich - an der Rezeption war ich dann erst einmal über die Preise geschockt: 3200 Rubel am Tag mal fünf Tage + nochwas drauf ergab fast 20000 Rubel - zu viel für mein Budget - aber mit Vollpension. Wir rechneten etwas hin und her und da ich nur vier Tage und fünf Nächte hier bin und nur an zwei Tagen ein Motorboot mit Führer brauche, kamen am Ende nur 9800 Rubel zusammen, was o.k. ist. Gleich nach meiner Ankunft gab es Mittagessen: Pilzsuppe (sehr lecker) und ziemlich große Pelmeni, die teilweise mit Hackfleisch und teilweise mit Fischbrät gefüllt waren. Dazu Tomaten- und Gurkensalat und Brot. Mir tat dann der Bauch furchtbar weh - ich hatte auch noch ein Bier dazu getrunken, sodass ich erst mal in mein schönes Blockhaus musste und mich ins Bett legte. Im TV sah ich zu, wie der Metropolit (oder wie heißt der Oberindianer der orthodoxen Russen?) in Moskau zu den Menschenmassen sprach und schlief für ein paar Sekunden. Ich setzte mich dann kurz an den Bootsanleger und bummelte danach bis ans Ende des Dorfes und wieder zurück. Poldnjewoje ist ein eigentlich schönes Dorf an dem Poldnjewaja-Arm der Wolga mit zahllosen schönen Holzhäusern und wenigen Steinhäusern. Die vordere Dorfstraße ist recht sauber - aber auch diese besteht nur aus getrocknetem Lehm und Schlamm - die hintere ist voller Dreck und Unrat. Aber auch hier ist es schön, den Kindern auf der Straße beim Spielen zuzusehen und den alten Frauen, wie sie auf den Bänken vor ihren Häusern miteinander reden. Ich habe wieder viel fotografiert und bei alledem heute zu viel Sonne abbekommen, was morgen auf dem Boot nicht besser werden dürfte.
Am Ende des Dorfes hatte ich eine Schlange gesehen, die ein recht großes Fischlein im Maul hatte und es gerade verschlingen wollte. Leider störte ich sie beim Fotografieren dabei. Sehr viele Schlangen habe ich heute hier gesehen - tatsächlich so viele wie nie in meinem ganzen Leben zuvor an einem einzigen Tag: etwa zwanzig Schlangen, und dabei bin ich nicht viel direkt am Wasser entlanggekommen. An einer Stelle lagen vertrocknete Lotosblüten vom Vorjahr.
Die Angler haben hier so viele - auch große - Fische herausgeholt, dass sie die gar nicht an einem Tag essen könnten. Ein älteres Ehepaar - beide in Angelklamotten mit Weste und etlichen Angeln und Kisten - hatte bald fünfzehn Fische von der Tagestour mitgebracht, die bis zu etwa siebzig Zentimeter groß waren. Andere hatten zu fünft oder zu sechst eine 50Liter Kiste voller Fische und waren gerade dabei, das zu verarbeiten. Nee - eigentlich will ich nicht wirklich angeln und Fische töten - vielleicht einen, wenn mir den jemand gegrillt zubereitet.

Die Ferienhaussiedlung ist ganz nett - der Speiseraum etwas steril - aber es gibt eine nette kasachisch aussehende Bedienung: Natascha. Es gibt einen Kinderspielplatz neben den etwa zwanzig Bungalows. Der Bungalow selbst hat vier Betten, TV, Dusche, WC, Kühlschrank. Nebenan gibt es einen Zeltplatz, wo es aber nur Plumpsklos gibt. Um meine Hütte herum liegen etliche riesige Schaben, die so 4-6cm groß sind. Ich hoffe, die wohnen nicht auch drin.
Mücken habe ich noch keine gesehen - hatte mir aber vorsichtshalber Moskitocoils in Astrachan auf dem Markt gekauft. Und vorhin war ich noch mal im Lebensmittelladen, wo mich eine freundliche Kasachin bediente und habe mir 500g Kekse, 3l Bier (Belui Medwed = weißer Bär bzw. Eisbär) und Saft und Wasser gekauft. Morgen also Boot, am Dienstag mit dem Rad nach Damtschik und am Mittwoch wieder Boot. Am Donnerstag: mal sehen....

Hier übrigens für alle Kampfangler die Adresse, wo es soooooooooooo große Fische zu fangen gibt:

www.rybalkino.ru

infomoscow@rybalkino.ru

Natürlich gibt es hier mehrere solcher Ваза Отдыха - selbst in Poldnjewoje entsteht wohl noch eine zweite und eine weitere war noch paar hundert Meter weiter.