(noch im Zug auf
halbem Weg:)
Habe den heutigen
Tag als Ruhetag genutzt, obwohl der Zug erst 16.30 Uhr fuhr. Im Hotel habe ich
mir früh einen Kaffee aufgebrüht, ging um 9 Uhr zur Post, um das Zugticket
dort zu kaufen, weil es am Bahnhof keine Computer gibt. 9.45Uhr war die Beamte
endlich hoffnungslos verspätet da. Ich bezahlte 2300 Tenge, obwohl auf dem
Ticket nur 1700 stehen – habe das aber zu spät bemerkt. Die Herfahrt hatte
2000 gekostet. Danach bummelte ich zum Internet und durfte eine Stunde ran. Ich
schrieb zum gestrigen Tag erneut, ohne in mein Notizbuch zu schauen,
korrigierte die Rechtschreibung und las meine E-Mails, sah mir die Fotos an, die
Beate geschickt hat: der blühende Garten, Oma, die Kinder. Und ich schrieb an
meinen potentiellen Arbeitgeber und einem weiteren Vermittler (Kienbaum)
schickte ich meinen Lebenslauf. Danach bummelte ich weiter zum Markt, wo ich
eigentlich nach einer Packtasche suchte, am Ende aber nur 2 Bananen kaufte. Da
das Frühstück ausgefallen war, ging ich schon gegen 11.30 Uhr neben dem Basar bei
der niedlichen Bedienung Mittagessen: Beefsteak mit Spiegelei und eine zu spät
entdeckte regionale Leckerei: Klösse, die mit gekochtem Ei gefüllt waren und
außen frittiert aussahen. Danach hielt ich im Hotel Verdauungsschlaf, besuchte
den Donnerbalken im Hof, in dem hunderte von Fliegen herumschwirrten, duschte
bevor ich packte. Ich war absichtlich viel zu zeitig am Bahnhof. Der Zug kam
nach über 1 Stunde fast pünktlich an und hielt nur 10 min. Ich eilte also zum
Gepäckwagen am Ende des Zuges, hievte mein Rad hoch und sollte dort schnell
einsteigen. Da war die Luft aber so heiß und stickig, dass ich es nach 30 min
vorzog, durch 10 Waggons hindurch meinen Platz im Liegewagen aufzusuchen. Das
meiste Gepäck ließ ich im Postwagen, nahm nur die Lenkertasche und eine blaue
Ortlieb mit. Als ich durch die "billigen" Waggons kam, hoffte ich sehr, dass ich
wirklich einen Platz im 4er Liegewagenabteil habe. Die Gesichter waren
nicht alle sympathisch und vertrauenerweckend auf den billigen Plätzen – die
Liegen waren viel zu eng beieinander – unangenehm. Das Gute war, dass ich einen
richtigen Platz hatte – nur: da schlief eine Frau. Es dauerte fast eine Stunde,
ehe ein Schaffner in Zivil auftauchte und mir den Platz freimachte, mir das
Paket mit frischen Bezügen und Handtuch brachte. Kurz vor Sayatösch bin ich
auf eine Soljanka und zwei Bier in den klimatisierten Speisewagen nebenan gegangen.
- Die Landschaft
ist jetzt eh nicht mehr so beeindruckend wie am Anfang der Fahrt. In Shetpe
müsste man ein Motorrad oder Pferd haben, eine gute Kamera mit Stativ und man
könnte sagenhafte Fotos machen: so im Stil von Ayers Rock oder Grand Canyon.
Man müsste nur die Sonnenauf- bzw. Untergänge dort erleben können –
vielleicht auch den ersten Schnee.
Wie es aussieht,
hat es Michael nicht bis Sayatösch geschafft – oder er ist entschlossen genug,
die Holperpiste weiterzufahren.
Ich werde 22.42
Uhr ankommen – nach Astana-Zeit 23.42 Uhr. Noch gute Zeit für ein Hotel und
einen guten Schlaf. Morgen fahre ich dann bis zur Grenze. 23 Uhr sollte 0 Uhr in
Usbekistan sein, so dass ich dort ohne viel Verzögerung am 1.6. einreisen kann.
Nachtrag: bei der
Suche nach Fossilien sah ich mehrere Stabheuschrecken, die leere Schale einer
Babyschildkröte. Und bei der Feier des Karschau Ata Clans gab es nachts nicht
nur dicke Mistkäfer in den Jurten sondern auch Gottesanbeterinnen, die vom
Licht angezogen waren.
Ich weiss nicht,
ob ich so richtig warm werden kann mit Kasachstan und den Kasachen. Mich
stören die meist rundlichen Frauen, die meist nicht mehr wirklich fraulich
wirken, die oft verbiesterten Gesichter (wie in Chemnitz). Und mich stören
die Goldzähne oder oft ganz fehlende Zähne. Prügelt man sich tatsächlich so
oft und schnell? Schneidezähne sind doch eigentlich viel robuster als
Eckzähne, oder? Naja – ich freue mich auf Usbekistan, dem Ziel meiner Reise…
Noch 1000- 1500km vielleicht mit dem Rad.
Jetzt sitzen kaum noch Leute im Speisewagen – vorhin war es rappelvoll,
dass ich kaum einen Platz fand.