Ca. 40km vor
Nukus und 20 km vor Khojali machte ich eine kurze Pause in einem
Buswartehaeuschen. Ich hatte etwas getrunken, mit einem Local gesprochen, der
grad auf dem Weg vom Basar war, wo er Rinder gekauft hatte, die am Straßenrand
auf seinem Traktoranhänger standen. Gerade als ich weiterfahren wollte, sah ich
Michael aus München mit seinen orangefarbenen Globetrotterortliebtaschen
kommen. Ich war gespannt zu hören, wie er die Strecke gemeistert hat, da die
Quälerei in den letzten 3 Tagen wirklich groß war – und er auch schon da war –
so kurz hinter mir. Aber Michael hatte kurz vor Jasliq aufgegeben und ist per
Anhalter weitergefahren bis Kungrad. Geruht hatte er wie ich mit dem Kopf in
einem der wenigen Büsche – und auch ihm war das Wasser ausgegangen. Aber er
schafft das nur mit Wasser – ohne Cola oder Fanta oder Elektrolyte. Das kann
ich mir kaum vorstellen – unmöglich für mich. Aber er kocht sich abends immer
auch sein Essen...
Wir sind dann
zusammen weiter bis Khojali gefahren, haben im Basar eine Suppe gegessen. Die
Typen am Nachbartisch hatte sich mit uns fotografiert und uns wenig später Abzüge mitgebracht. Sonst waren sie aber
recht aufdringlich und lästig und hatten dem Wodka schon ordentlich
zugesprochen. Wir fuhren dann weiter bis zum Amurdarya, überquerten die
Brücke bzw. Staumauer und machten dann an einem kleinen See eine Pause, wo
Michael badete und sein T-Shirt wusch. Von dort waren es dann noch einige km
bis Nukus- Zentrum und ich war dann doch wieder sehr platt, als ich im Hotel
Nukus für 15 US$ einchecken konnte. Michael hatte sich vorher verabschiedet,
um sich außerhalb einen Schlafplatz zu suchen. Ich trug mein Gepäck aufs
Zimmer, duschte, rasierte mich und suchte dann was zum Abendbrot. Am Ende war
das teure Restaurant mit 28000 Sum für 3 kleine Bier und so was wie Chilli con
Carne ohne Chilli mit rund 10US$ garnicht so teuer. Ich hätte auch nicht
weiter laufen können und wollen. Ich war echt ziemlich fertig nach 3 harten
Tagen, an denen ich am frühen Morgen los bin und ca. 430km gefahren bin.
Ich bin etwas
frustriert: habe heute früh meine Kamera zur Reparatur gebracht. Sie ging so
schlecht einzuschalten, dass es mir das Risiko wert war. Der Bastler zerlegte
die Kamera vor meinen Augen in hundert Einzelteile, fand die hakende Stelle –
aber nicht die Ursache.3-4x hat er das Ding auf- und zugeschraubt. Ich war
zwischenzeitlich auf dem Basar, ein Schaschlik zu Mittag essen. Dann im Savitsky
Museum, das tatsächlich sehr beeindruckende avantgardistische Kunst aus dem
letzten Jahrhundert zeigt. Allerdings ungeschickt gemischt mit gegenwärtiger
Kunst und solcher aus den 70er und 80er Jahren. Besonders gut gefiel mir ein
Bild von P.P. Ben Kov: „By the Khanz (Pool)“, das eine wunderbare helle
Herbststimmung wiedergibt. Toll waren auch die Gemälde von A.N. Volkov (The
Arabata cart 1926, Caravan 1926, Wifes Portrait 1936 und ein Selbstportrait).
U. T. Tansiqbaev gefiel mir noch, auch mit einer Karawane von 1929, dem
Portrait eines kasachen von 1934, einem Erntebild von 1935 und ein Bild mit dem
Titel Intensive Hitze, sonniger Tag von 1929. Aber noch mehr: A.V. Nikolaev:
Sufi (1923), A boy in a fur cap (1924), V.I. Ufimsev (Drink to the dregs – im
Stil von Otto Dix oder George Grosz von 1929) Beeindruckend – aber nur halb
erhalten und viel zu hoch gehängt war ein Bild von M.I. Kurzin: Capital von
1939. G.N. Nikitsch hatte ein „Navoi (?)“, das mir gefiel und schließlich eines
der Highlights der Ausstellung von V.A. Lisenko: „Der Bulle“ es gab auch
schöne Keramiken mit dem Thema Mutter und Kind und ein Baby im Bad, wo Bad,
Mutter und Baby zu einer Form verschmelzen. Alles außergewöhnliche Stücke.
Mehr hatte ich mir dann nicht mehr aufschreiben wollen. Alles wahrscheinlich
Namen, die man nicht unbedingt in deutschen Lexika finden wird.
Ich muss jetzt
nachdenken, was ich tue, wenn meine Kamera gar nicht mehr geht. Eine neue kaufen
war die eigentliche Idee. Aber ich habe nicht so viele Dollars, um mir eine
Kamera leisten zu können. Die Traveller Cheques habe ich nicht in die
Zollerklärung eingetragen und kann sie deshalb eventuell nicht einlösen. Und
außerdem ist der offizielle Wechselkurs bei Zahlung mit Kreditkarte nur ein Drittel
vom Kurs auf der Straße (2800:1US$). Der Euro liegt nur gering darüber –
jedenfalls lange nicht beim Faktor 1,3.
Mich hat auch
frustriert, dass die Internetläden zu Spielhöllen für Minderjährige
verkommen sind. Internet geht nicht. Aber das Schöne: ich sitze in einem Café
an der Straße, vor dem Schaschlik gegrillt wird, ich höre die Mauersegler,
sehe das Abendrot am Himmel und kann mich recht gut von der Anstrengung
erholen... Nukus ist hier in der Gegend
ganz nett: nur ein- bis zweistöckig bebaut, einige Kneipen, Eisläden und kleinen
Lebensmittelläden. Ein Friseur, bei dem ich heute morgen war für 2000 Sum.
Alles ist grün, es gibt Bäume, kleine Kanäle am Straßenrand, in denen das
Wasser steht bzw. langsam fließt. Andererseits ist Nukus nicht gerade fotogen.
Auf dem Basar hätte ich gern ein paar Fotos gemacht – u.a. von einer Frau, die
vielleicht etwas jünger war als ich – aber sehr traditionell gekleidet war und
irgendwie was besonderes hatte. Eben dafür ein Foto: ich kann's nicht beschreiben.
Auch die Gemälde hätte ich gern auch zur Erinnerung fotografiert – aber nicht
so wichtig. Übrigens gab es im Museum auch eine Führung, das Personal sprach
Englisch, es gab Klimaanlagen und eine britische Reisegruppe war auch dort. Es
gab einige interessante internationale Presseberichte über dieses
bemerkenswerte Museum, das nur einen
Bruchteil seiner immensen Sammlung zeigt. Daneben gibt es auch eine kleine
Ausstellung mit traditioneller Kleidung, traditionellem Schmuck, einer Jurte,
unpassende europäische und iranische sowie buddhistische Skulpturen, die so
gar nicht zur Sammlung passen. Auch die Heimatmuseumsecke mit den Fundstücken
aus der Frühzeit und der jüngeren Vergangenheit passte nicht.
Von sechs bis sieben Uhr
am Abend hatte ich dem Elektroniker wieder zugeschaut in der Hoffnung, meine Kamera
wenigstens wieder so zurückzubekommen, wie ich sie ihm gegeben hatte. Sein
Ehrgeiz ließ ihn das Objektiv immer wieder auf und zuschrauben – und am
Schluss blieb das Display dunkel. Damit konnte ich nicht probieren, ob klopfen
noch hilft. Außerdem klang der Motor so, als ob ein Zahnrad fehlte. Da drehte
etwas zu schnell - daher der Frust
vorhin beim Schreiben. Aber ich bin immer noch abgespannt von meinem Trip – der
Rücken tat mir weh in der Ausstellung, sodass ich froh war, vor einigen
Bildern sitzen zu können – und Schlaf brauche ich auch noch. Und ich hätte
gern gewusst, woher ich seit zwei Tagen den Durchfall habe. Habe das heute mit Immodium bekämpft – esse aber dummerweise noch weiter als wäre nix. Mir geht
es ja sonst auch gut...