Ich bin zurück in Samarkand.
- Das Abendbrot gestern Abend war wieder lecker und der Hausherr hat mir wieder Gesellschaft geleistet (leider hab ich seinen Namen vergessen und den Zettel verlegt, wo er drauf stand ...) Es gab eine leckere Suppe mit viel Brühe, Salat, Fleisch. Kartoffeln - aber ohne Soße -, Obst, Tee und den Rest meines Biers. Er redete von Fußball, dem zweiten Weltkrieg und erzählte mir, dass er heute Nacht zu einer Trauerfeier geht. Am 5., 7. und am 100. (?) Tag (etwa) wird zur Trauerfeier eingeladen und die Gäste werden bewirtet. Im Morgengrauen kommen die Männer und nach 8 Uhr sind die Frauen dran. Kinder garnicht - erst ab 9 bzw 12 Jahren - je nachdem, ob Junge oder Mädchen. Das fand ich schon sehr interessant. Auch die Geste nach dem Essen erklärte er mir - dies würde jeder Muslim tun: allerdings ist mir das weder in Indien, Indonesien, noch in der Türkei aufgefallen.
Mein Durchfall hatte sich gebessert und ich konnte über Nacht die nötige Kraft für den heutigen Tag sammeln. Pünktlich 6 Uhr war ich aus dem Haus. Die hübsche Tochter las mit Kopftuch im Hof laut im Koran und schenkte mir zum Abschied noch ein Lächeln. Kein Wunder, dass Alexander der Große hier in der Region seine Frau Roxane fand. Die jungen Frauen haben schon was anziehendes - solange nicht irgendwo Goldzähne blitzen oder die Körperform sich den weiten bis zum Knöchel reichenden Kleidern anpassen. - Der Großvater gab mir noch ein riesiges Fresspaket mit (Brot, Äpfel, Pflaumen, Aprikosen, jede Menge Rosinen, Walnüsse, Kandiszucker) und umarmte mich zum Abschied. Ich fand es vor allem wegen ihm dort super toll und habe dann im Laufe des Tages gleich mehrfach für das versteckte B&B geworben.
Ich kam gut voran - es war kühl und auf einer anfangs etwas anderen Strecke als auf der Herfahrterreichte ich nach 1,5-2h den Fuß des Gebirges. Nachdem ich ein Stück des Anstieges genommen hatte, genehmigte ich mir eine Kanne grünen Tees in einer Tschaichana und aß mein Fresspaket dazu. Etwas später war ich dann doch genötigt, mich wieder einmal in die Büsche zu verdrücken. Ich fand noch Zeit für eine kleine Freßpause und trat weiter unbeirrt nach oben. Es war am Ende wieder gar nicht so schlimm, wie ich anfangs vermutet hatte: psychologisch schwerer, weil man von unten den Pass weit oben immer erahnen kann. Als ich nach 3 Stunden Fahrtzeit oben ankam, traf ich ein Schweizer Pärchen mit Rädern, die auf dem Weg in die Gegenrichtung waren. Sie kamen per Flug in die Türkei und über Iran und Turkmenistan (auch per Bus 500km durch die Wüste) und wollen weiter nach Singapore - für 1 Jahr. Vor wenigen Jahren hatten sie schonmal eine ähnliche Tour in Südamerika gemacht. War nett, mit Alexandre und Claudia so lange zu plaudern. Sie haben mir ihre Visitenkarte dagelassen: (www.zentralbiker.ch), wo ich bestimmt mal zu Hause reinschaue. Technisch interessant war ein Pet-Flaschenhalter aus einer Schweizer Behindertenwerkstatt.
Keine 2 min später traf ich ein junges Paar Deutscher mit zwei Motorrädern. Das zierliche Mädel war sehr nett - der Kerl verstockt und unfreundlich. Auch die beiden wollen über den Pamir-Highway und China über Japan nach New York. Die Schweizer hatten vorher schon gesagt: der Pamir Highway ist die Strecke der europäischen Zweiräder - oder so ähnlich. Schade, dass ich wieder ins normale Leben zurück will und muss. Hätte mich schon gereizt, hier fortzusetzen, wo China schon greifbar nahe ist, Indien ebenso. Kraft und Ausdauer habe ich genug - außer, dass ich nicht weiß, wie ich die Berge mit vollem Gepäck bewältigen könnte. - Bei der Abfahrt im Norden vom Zerafshangebirge hielt ich wieder an der Quelle, wo ich vor 2 Tagen Kirschen gekauft hatte. Die Leute waren wieder da und einer schenkte mir umgehend eine Schale Ayran mit Gebirgskräutern ein. Das war super lecker und kostete dann doch faire 2000Sum - ich bekam noch ein paar Äpfel von den Jungs geschenkt und rollte dann überwiegend bergab - später auf besserem Asphalt mit über 30km/h. Ich hatte dann aber bald eine sehr kleine Strasse nach Samarkand erwischt, die in miserablem Zustand war und mich im Vorankommen arg bremste. Ich sparte dafür ein paar Kilometer ein und kam direkt am Registan raus. Zeit für ein Foto mit Wolken (es hatte schon auf der Strecke einmal ein wenig geregnet - so wie gestern Abend beim Abendbrot.) Dann zum Hotel in mein altes Zimmer, duschen und zum Begrüssungstee in den schönen Garten des B&B Antica, wo ich weiter am Fresspaket kämpfte. Danach bummelte ich zum Registan, war auf einen Kaffee und ein Stück Torte in einem leeren und recht teuren Café (6050Sum), lief weiter Richtung Bibi Chanim, wo ich lange saß, Leute beobachtete und mir Zeit nahm für die Ornamente. Die haben eine hohe Regelmäßigkeit - aber es gibt auch Fehler in den Farben und Mustern - manchmal Lueckenfueller, die vom System abweichen. Das war eine interessante Beobachtung. Auch die Muster zwischen rechts und links des Tores waren nicht spiegelbildlich - möglicherweise durch einen Fehler während des Baus - der wieder mit Lückenfüllern kaschiert wurde. Die ornamentale Schrift links und rechts war identisch lief aber hier von oben nach unten und dort von unten nach oben - der gleiche Text. Ich umrundete die Bibi Chanim dann einmal und fand dahinter eine schöne kleine und unscheinbare Moschee und einen Rundbau (ein Mausoleum?). Im Supermarkt holte ich mir ein Bier für nur 1700Sum, das ich dann wie ein anonymer Alkoholiker auf einer Bank in schwarzer Tüte vor dem Registan trank, um nicht irgendwelche religiösen Gefühle zu verletzen. Als ich später gegen 18 Uhr am Gur Emir Mausoleum ankam, blitzte und donnerte es (was ich leider nicht auf ein Foto bekam) - und im Hotel hier gab es einen richtigen Gewitterguss, der das Personal zwang, alle Kissen einzusammeln, die Gäste an die wenigen überdachten Plätze umzuverteilen. Ich hab mein 2. Bier auf einer trockenen Bank, bevor ich dann müde ins Bett fallen werde. Mein Plan für morgen ist der große Markt in Urgut.