Gestern bin ich noch einmal in die Hügel nordwestlich von Shetpe gelaufen, habe etwas fotografiert und war dann in einem Café kurz vorm Bahnhof essen. Der Bedienung hatte ich ein paar von meinem Bildern gezeigt, dann musste sie vor die Tür zum Grillen: Raja aus Qaraqalpakstan. Gegen neun Uhr wurde die Kneipe voller und ich kam wieder mit den Leuten ins Gespräch: einer war als Soldat in Meißen, ein anderer zählte mir alle deutschen Fußballer auf, deren Namen ich irgendwie schon mal gehört hatte und er kannte auch Dynamo Dresden. Letzterer brachte mich dann auch noch mit einem seiner älteren Arbeitskollegen zurück zum Hotel.
(Ich hatte nur ein Bier getrunken und hätte den Weg allein gefunden :o) )
In dieser Nacht schlief ich gut und war früh acht Uhr wieder auf Achse. Der Wind blies mich westwärts auf der asphaltierten Straße Richtung Fort Schevtschenko. Ich machte in der landschaftlich reizvollen Gegend viele Fotostops und kam nach zwanzig Kilometern an ein nettes Restaurant, wo ich in einem kleinen schattigen Garten mit Bäumen ein Spiegelei verdrückte und einen Kaffee trank. Heute habe ich sechs Liter Wasser und zwei Liter Cola/Saft mitgenommen und dort Cola nachgekauft. Dann sah ich zwei plattgefahrene Schildkröten, die erste Jurte in der Steppe, für die ich einen Kilometer Umweg um einen kargen bestellten Acker lief.
Und nach fünfzig Kilometern traf ich Jürgen Müller neben einem Auto mit seinem Fahrrad mit Hänger. (Statt eines Fotos ein link zu seinem Blog: jue-mue.blogspot.com) Er ist seit Ende Februar aus München hierher unterwegs und sechsundsechzig Jahre alt. Wir haben da bei paarunddreißig Grad in der gleißenden Sonne gestanden und uns prima unterhalten. Habe mich sehr über dieses erste Treffen mit einem Radreisenden gefreut. Er will weiter nach Shanghai, China, wo seine Tochter im September ein Baby erwartet. Ich bin also nicht der einzige Verrückte und beileibe nicht der Älteste. Das gibt mir Hoffnung, so was ähnliches später noch einmal machen zu können. Irgendwann einmal ....
Ich bin jetzt an der Kreuzung der Straße nach Süden angekommen, von wo es noch achtundachtzig Kilometer bis nach Aktau sind. Ab jetzt werde ich wohl Seitenwind haben und somit sind es wohl noch sechs Stunden Fahrzeit. Mal sehen, ob und wie ich es schaffe, noch bis zu einem Hotel zu kommen.
Es gab Pelmenis in Brühe und Plov als Hauptspeise (eine Reispampe mit Hammelfleischstücken und Zwiebeln) - dazu Pfirsischsaft und Kaffee.
Aktau:
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich der Wind heute ständig gedreht hat. Egal wo ich langfuhr - der Wind war nie gegen mich, obwohl ich erst nordwestlich fuhr, dann südwestlich und zuletzt südwärts. Ich kam super gut voran, fotografierte viel, machte sogar einen drei Kilometer weiten Abstecher zu einer archäologischen Ruine auf unbefestigter Strecke. Und ich war nicht überanstrengt heute. Eine reichliche Stunde vor dem Ziel traf ich einen Kasachen, der für eine Mobilfunkfirma Kcell arbeitet, der mich unbedingt in sein Haus einladen wollte. Aber ich will meine Ruhe haben in den fünf Tagen hier. Internet, Strandspaziergang, eventuell baden gehen, Lars treffen und bloß nicht nochmal mit dem Rad nach Norden auf der stark befahrenen holperigen Asphaltstrecke fahren.
Als ich heute schließlich nach einem Besuch zweier Nekropolen die Innenstadt erreichte, kam ich auf einem Platz im Microrayon 12 an. Ich hatte dort ein junges Paar gefragt, wo wir sind, um mich zwischen den Plattenbauten und der Karte aus dem "Lonely Planet"orientieren zu können. Der Kasache (Islam ist sein Name) rief dann noch einmal an und dann tauchten auch die zwei unter 18jährigen wieder auf und baten mir ihre Begleitung an. Am Ende war ich froh, weil ich das so schnell ohne die zwei nicht gefunden hätte. Meine erste Wahl, das Hotel Kaspyky Bereg schien abgerissen - an der Stelle standen mehrere mehrstöckige Rohbauten. Ich landete schließlich im Hotel Köktem für 800 Tenge die Nacht. Habe ein sehr großes Zimmer, ein recht ordentliches Bad, TV und einen Minibalkon, von dem ich das Meer sehen kann (oder den Kaspischen See) Wenige Meter von hier entfernt ist eine Partymeile am Strand: ich werde mich abzulenken wissen bis ich nach Istanbul fliege. Nach dem Einchecken hatte ich mir noch zwei Flaschen Bier mit aufs Zimmer genommen, mich geduscht, Wäsche gewaschen und dann mein Fladenbrot aufgegessen und das Bier dazu im Bett genossen. Nebenbei lief ein russisch synchronisierter Krimi mit Geore Clooney. Ich hab noch nie zuvor einen Film mit ihm gesehen. Das Hotel verlasse ich heute nicht mehr. Im Nachhinein war es doch ziemlich anstrengend heute und ich bin nach den hundertsechzig Kilometern ganz schön platt.