Tag 99 26.6.12 Taschkent 79km (7546km)

Nun bin ich in Taschkent angekommen und wirklich am Endpunkt meiner Reise. 6 Uhr habe ich die angenehme Tschaichana verlassen, auch wenn bis spät in die Nacht hinein dort vom Personal und zwei-drei Gästen gefeiert wurde. Sascha, der 17jährige Russe hat mir früh aufgeschlossen und geholfen mein Rad durch die Kneipe auf die Straße zu bringen. Zum Abschied habe ich ihm noch eine 1$ Note geschenkt, über der er sich sehr gefreut hatte.
Nach ungefähr einer Stunde machte ich einen Frühstücksstopp auf Kaffee und drei Piroggen mit Hackfleisch. Der Wind war nicht mehr so hilfreich wie gestern, so dass das Fahren heute spürbar schwerer war. Ich glaube, ich hatte zum ersten Mal auch ein wenig ein Motivationsproblem. Trotzdem war es eine eigentlich schöne Fahrt durch grüne Landschaft mit vielen Feldern, Tschaichanas und Verkaufsständen am Straßenrand. Übrigens gab es kurz nach der Überquerung des Syrdarja-Flusses nach etwa acht Kilometern doch ein Hotel, wo ich hätte schlafen können. Aber so war es eben noch einmal ein schöner letzter Abend in einer Tschaichana mit angenehmen Leuten - und obendrein kostenfrei, was mein recht knappes Budget in Usbekistan etwas entlastet.
Nach zwei Stunden machte ich ein Päuschen auf eine Honigmelone, die ich gleich auf dem kleinen aus etwa sechs Ständen bestehenden lokalen Markt verspeiste. Danach fuhr ich ohne Pause bis Taschkent - musste mich in der Stadt erst einmal orientieren und das B&B Ali finden. Eine der Metrostationen war umbenannt worden und hatte mir etwas Kopfzerbrechen bereitet - weil ich gerade die als Orientierung gewählt hatte. Gegen Mittag war ich im eigentlich geschlossenen B&B angekommen - ich duschte, zog mich um und wurde vom Seniorchef auf ein Bier und Aprikosen eingeladen - später gab es noch Suppe und Pelmenis dazu. Da ich der fast einzige Gast bin, geht es recht familiär zu. Das B&B hat vor 3 Jahren seine Lizenz verloren - und so kommen kaum noch Touristen dahin. Im letzten Lonely Planet Guidebook ist das B&B wohl auch nicht mehr verzeichnet. Durch die fehlende Lizenz kann man mich auch nicht offiziell registrieren. So fuhr ich mit dem Sohn etwas später zum Hotel am Bahnhof, wo er für ein angemessenes Honorar eigentlich eine Registrierung für mich bekommen hätte, wenn die letzte Nacht (in der Tschaichana) nicht gefehlt hätte. Das Hotel wirkt am Empfang auch ziemlich sauber und akzeptabel für 16000Sum das Bett. Aber es gäbe angeblich nur gemeinsame Toiletten und gar keine Duschen. Weil das mit der Registrierung nicht geklappt hatte, fuhren wir noch einmal los, holten eine Freundin ab, die das Internat wegen Malerarbeiten im Sommer verlassen muss und fuhren einen Mini-Umzug (jeder Deutsche Student hätte wohl einen vollen Kombi voller Kram für ein Studienjahr gebraucht). Im Hotel Olympia bekam ich dann die Registrierung und fuhr dann noch mit Anwar, dem Juniorchef das Mädchen in das elterliche Wohnhaus. Ein nettes Mädel, das gut Russisch spricht und etwas Englisch und Musik studiert. Ihre Kommilitonin hatten wir vorher schon in einem anderen Stadtviertel abgeliefert. Die Eltern haben eine riesige Tomatenplantage (einen halben Fußballplatz scheinbar) - durch den Regen in den letzten Tagen sind ganz viele der riesigen Früchte vergammelt. Sah mir sehr nach Braunfäule aus ... Aber der Vater schien das recht gefasst hinzunehmen. Wohin mit all den braunen Tomaten und den Pflanzenteilen, wenn es kein Recycling-System gibt?
Gegen 17 Uhr waren wir zurück und ich wollte in die Oper. Unterwegs holte ich mir seit langem wieder einmal ein abgepacktes Eis und dann fand ich die Oper im Umbau. Später las ich dann auch noch, dass von Juni bis August eh nichts dort läuft - sonst aber täglich. Das Personal auf der Baustelle hat mich an den Kulturpalast verwiesen, den ich aber vor 18 Uhr eh nicht erreicht hätte. Ich bummelte dann nur durch die innerste Neustadt, am Mystaqillik Maydoni vorbei, wo der Regierungssitz ist, wo ein "Palast der Republik" überlebt hat oder neu gebaut wurde, wo viel Polizei und ein ewig breiter Springbrunnen ist, der für Wasserfallatmosphäre und -klima sorgt. Da genehmigte ich mir einen Döner und später auf dem Rückweg im Park noch einmal Pommes mit Bier. Gegen 20 Uhr war ich schon im Hotel, wo alle beim Abendbrot saßen und ein paar Freunde zu Gast waren (eine Familie mit zwei Kindern). Ich bekam etwas Salat mit Brot, Wodka und Saft und war gegen 21Uhr in meinem Zimmer verschwunden, wo ich den fehlenden Schlaf des gestrigen Tages nachholte.